Der Grundgedanke ist richtig: Wir brauchen CO2-arme Alternativen zu fossilen Brennstoffen. Um der globalen Erwärmung entgegenzuwirken, müssen wir den Energiebedarf auf der Welt möglichst ohne die Freisetzung von Kohlenstoffdioxid decken. Und deshalb gibt es Solarenergie, Wasserkraft und Windkraft. Ob Erneuerbare Energien Kritik jeglicher Art standhalten, klären wir in diesem Artikel.
So viel vorab: Die Bereitstellung von Energie ist – ohne gewaltige Spuren auf dem Planeten zu hinterlassen – nicht möglich. Auch der neueste Stand der Technik funktioniert nicht ohne Umweltverschmutzung. Die Frage ist nur: Welche Energiequelle ist das geringste Übel. Schlussendlich können nur wir selbst die Erderwärmung aufhalten, indem wir unseren Energieverbrauch auf ein Mindestmaß reduzieren.
Bevor wir die Erneuerbaren Energien im Detail auf ihre Vor- und Nachteile prüfen, schauen wir uns doch erst einmal an, welche Erneuerbare Energien es überhaupt gibt und was dahinter steckt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unterscheidet 5 übergeordnete Erneuerbare Energien:
Dem nachfolgenden Diagramm kannst Du entnehmen, dass der Ökostrom in Deutschland hauptsächlich aus Windenergie und Photovoltaik entsteht.
Der Strommix aus Deutschland ist jedoch anders zusammengesetzt, als es in anderen Ländern der Welt der Fall ist. Das zeigt der Energieatlas der Heinrich-Böll-Stiftung. So spielt beispielsweise die Nummer 1 in Deutschland – nämlich die Windkraft – im Rest der Welt eine untergeordnete Rolle. Auf dem gesamten amerikanischen Kontinent verlässt man sich eher auf Flüssigbrennstoffe – also Biomasse.
Es macht also Sinn, dass wir uns sämtliche Erneuerbare Energien im Hinblick auf die Umweltbilanz anschauen.
Jedes Jahr bringt das Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung das Nachhaltigkeitsbarometer der Energiewende heraus. Und der jüngste Bericht aus April 2020 zeigt, dass 78 % der Deutschen die Energiewende als zu teuer erachten, obwohl mehr als 50 % bereit für höhere Kosten sind. Darüber hinaus bringt er zum Ausdruck, dass das Vertrauen der Bürger gegenüber der Politik in Bezug auf die Umsetzung der Energiewende schrumpft.
64 % der Haushalte befürworten den Kohleausstieg. Dass demnach mehr als ein Drittel immer noch am Kohleabbau in Deutschland festhalten, finde ich noch nicht einmal verwerflich. Denn es ist weiterhin Realität, dass wir sowohl Steinkohle nach Deutschland importieren als auch Kohlestrom aus dem Ausland in deutschen Haushalten verwenden. Was bringt es also dem Planeten Erde, wenn weniger Kohle in Deutschland, aber dafür mehr im Ausland abgebaut wird?
Kommen wir nun mal zum Kernpunkt. Die meisten Menschen stellen Fragen wie:
Diese Fragen unterstellen, dass Erneuerbare Energien die Lösung zur Rettung der Umwelt sind. Sie setzen entsprechend voraus, dass Solarenergie und Co. wirklich sauber sind. Dabei sollten wir genau diese Annahmen hinterfragen. Laufen wir vielleicht alle in die falsche Richtung?
Die Einrichtung von Photovoltaikanlagen verbraucht Energie. Und zwar durchschnittlich so viel, wie sie in einem Zeitraum von 2,5 bis 2,8 Jahren umwandeln. Erst nach dieser Zeit ist die Energiebilanz also ausgeglichen. Man nennt das auch Energierücklaufzeit.
Bild: Sebastian Ganso (Pixabay)
Rechnet man die Lebenszyklus-Emissionen von Photovoltaik-Anlagen auf eine erzeugte Kilowattstunde um, so werden zwischen ca. 50 und 67 g CO2-Äquivalente freigesetzt. Braunkohle emittiert laut Fraunhofer Institut über 1000 g.
Soweit so gut: Solarenergie verursacht also deutlich weniger CO2-Emissionen als fossile Brennstoffe. Das ist Fakt und anhand von Zahlen zu belegen. Wie aber sieht es mit nicht messbaren Faktoren aus?
Für Photovoltaik-Anlagen wird Silizium benötigt. Und die Reinigung der Solarzellen erfolgt unter Zuhilfenahme chemischer Stoffe. Auch Seltene Erden werden für Solaranlagen benötigt. Die Gewinnung Seltener Erden geht immer einher mit einer immensen Umweltverschmutzung und oftmals menschenunwürdigen Bedingungen.
CO2-Äquivalent
Damit ist einerseits Kohlendioxid (CO2) an sich gemeint. Dazu gehören aber auch die anderen Treibhausgase. Also vor allem Methan und Lachgas. 1 kg Methan wirkt allerdings 21 mal so stark auf die Erderwärmung ein wie 1 kg CO2. Und Lachgas hat sogar den 310-fachen Effekt. Deshalb sind die CO2-Äquivalente entsprechend gewichtet.
Von den 11,3 Tonnen CO2-Äquivalenten, die jeder Deutsche pro Jahr freisetzt, sind 9,2 Tonnen reines CO2.
Die Energierücklaufzeit von Windkraftanlagen beträgt nur 2 bis 6 Monate. Die Lebenszyklus-Emissionen pro erzeugte Kilowattstunde liegen bei maximal 18 g CO2-Äquivalenten. Die Zahlen sind schon mal deutlich besser als die von Solarenergie.
Vor allem ältere Windkrafträder verursachen jedoch auch heute noch folgende Probleme:
Außerdem sind die Bestandteile von Windrädern nicht zu vergessen. Die Beschaffung von Kupfer, Aluminium, Kunststoffen, Gummi, Fetten, Lacken, Ölen, Kunstharz, Glas- und Karbonfasern ist ohne Eingriffe in die Umwelt nicht möglich. Und die Gewinnung von Neodym und Seltenen Erden ist besonders problematisch.
Es gibt sehr unterschiedliche Formen von Wasserkraftanlagen. Wie effizient sie sind, hängt vor allem von der Fallhöhe des Wassers ab. Da die topografischen Bedingungen sehr unterschiedlich sind, ist auch die Energierücklaufzeit jedes Wasserwerks extrem unterschiedlich. Das Fraunhofer-Institut sagt: Die Lebenszyklus-Emissionen pro erzeugte Kilowattstunde liegen bei rund 23 g CO2-Äquivalenten.
Bild: Markus Distelrath (Pixabay)
Das Umweltbundesamt benennt 3 negative Auswirkungen auf die Ökologie:
Bio-Energie wird aus Pflanzen, Holz, Reststoffen, Biomüll oder Gülle gewonnen. Die Energierücklaufzeiten sind sehr unterschiedlich und nicht wirklich seriös zu beziffern. Durchschnittlich werden 70 g CO2-Äquivalente pro kWh in Bezug auf den gesamten Lebenszyklus der verarbeitenden Anlagen freigesetzt.
Der Einsatz von Biomasse als nachhaltiger Energieträger ist höchst umstritten und nur dann als nachhaltig anzusehen, wenn strenge Regeln eingehalten werden. Deshalb schreibt Greenpeace:
„Der Anbau von Pflanzen als Biomasse muss wohl überlegt sein, gerade unter Bedingungen der Globalisierung. Denn landwirtschaftliche Flächen sind nicht unbegrenzt verfügbar. Die Produktion von Biokraftstoff konkurriert mit der Nahrungsmittelproduktion. Die Folgen des Klimawandels erschweren die Nahrungsmittelherstellung: Fruchtbare Böden werden extremer Dürre oder dem Anstieg des Meeresspiegels zum Opfer fallen, sodass noch weniger Anbaufläche zur Verfügung steht.
Auch Umweltfolgen spielen eine Rolle: Urwälder für Agrarflächen abzuholzen ist aus ökologischer Sicht inakzeptabel. Dann würden artenreiche Biotope sterilen und anfälligen Monokulturen geopfert. Diese erzeugen zwar Biomasse, vernichten aber unzählige Arten und wichtige Kohlenstoffspeicher, tragen so also wiederum zur Klimaerwärmung bei – eine Milchmädchenrechnung.“
Der große Vorteil von Bio-Energie im Vergleich zu den vorgenannten Erneuerbaren Energien ist, dass sie regelbar ist. Das bedeutet, Strom aus Biomasse kann jederzeit nach Bedarf erzeugt werden.
Geothermie bedeutet das Nutzen der Erdwärme als Energiequelle. Dafür sind Bohrungen und der Einsatz von Pumpen in der Erdoberfläche notwendig. Die Lebenszyklus-Emission beträgt nur 20 g je kWh. Geothermie können wir in privaten Haushalten zum Heizen nutzen. Es gibt aber auch weltweit zahlreiche Kraftwerke, die die Erdwärme in Elektrizität umwandeln.
Die Technologie steht als Verursacher von Erdbeben in der Kritik, was jedoch größtenteils widerlegt werden konnte. Abgesehen davon ist Geothermie aber wohl die umweltverträglichste Variante unter den Erneuerbaren Energien.
Da die Erde selbst der Energiespeicher ist, kann die benötigte Energie stets nach Bedarf abgerufen werden.
Wenn wir von der Energiewende sprechen, dürfen wir nicht den Fehler machen, nur den Status quo zu betrachten. Die Technologie entwickelt sich. Und zwar rasanter den je. Vor zehn Jahren konnten Photovoltaikanlagen beispielsweise weniger als 10 % der Solarenergie in elektrische Energie umwandeln. Heutzutage liegt der Wirkungsgrad bereits bei 20 %. Wie sieht es in 10 oder 20 Jahren aus?
Aktuell haben Solar-, Wind- und Wasserenergie noch den Nachteil, dass man sie praktisch nicht speichern kann. Weht also zu viel Wind, können wir mit der überschüssigen Energie nichts anfangen. Ist es windstill, kann gar kein Strom ins Netz eingespeist werden. So sieht das heute aus. Vielleicht bietet die Technik aber schon sehr bald neue Möglichkeiten.
Und wie viel wird auf Lithium-Ionen Akkus geschimpft?! Zurecht: Denn die Batterien benötigen Seltene Erden, die nur im Zusammenhang mit erheblicher Umweltverschmutzung gefördert werden können. Ebenfalls enthalten ist Kobalt, das bekanntermaßen teilweise in illegalen Mienen von kongolesischen Kindern abgebaut wird. Ein schrecklicher Zustand. Aber ein kleiner, unbedeutender Trost ist: In 2025 sollen Batterien ohne Kobalt auf dem Markt sein.
Wir müssen den Erneuerbaren Energien eine Chance geben. Verbesserte Technik wird sowohl die Umweltverschmutzung mindern als auch die Effizienz erhöhen. Klar ist: Wir müssen weg von der Kohle!
Die rapide wachsende Weltbevölkerung wird immer mehr Energie benötigen, wenn nicht jeder Einzelne etwas dagegen tut. Egal wo die Energie herkommt: Ohne Spuren in Form von CO2-Emissionen und anderen Arten von Umweltverschmutzung zu hinterlassen, kann sie nicht bereitgestellt werden.
Das bedeutet: Wir müssen verzichten: Wir müssen weniger Strom verbrauchen, weniger Auto fahren, weniger fliegen…Wir müssen einfach weniger konsumieren. Lies dazu meinen Artikel „Konsumverzicht – 6 Gründe, Deinen Konsum zu reduzieren“ und „Wie Du mit Minimalismus die Umwelt rettest“.
Falls Du Dich außerdem für die Funktionsweise sowie Vor- und Nachteile von Solarenergie und Windenergie interessierst, lies meine zugehörigen Artikel:
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